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H.W. Köhnen – Dirk Kästner - Kampfkunst & asiatische Medizin –
                                                   Shiatsu -  Kuatsu - Dian Xue

                  Die Wurzeln: Schamanismus und Taoismus

                  Etwa zur Zeit der großen Kriege (1200 bis 200 v.Chr.) entwickelte sich in China der Schamanenkult:
                  Krankheiten  und Leiden  galten als  Werk von Dämonen  und  wurden als unumgänglich angesehen.
                  Dennoch wurden Fasten- und Säuberungsrituale, Atemtechniken und rituelle Tänze zur Vorbeugung

                  gelehrt - und es existierte ein großes Arsenal an Medizinen aus Kräutern sowie tierischen und minera-
                  lischen Substanzen.

                  Aus dem fünften Jahrhundert n.Chr. stammen die Aufzeichnungen des Arztes sun si miao Darin waren
                  13 "Dämonenlöcher" am menschlichen Körper gekennzeichnet, deren Stimulation mit Nadeln die Hei-
                  lung von Krankheiten bewirken sollte; ferner nannte er 32 Arzneidrogen gegen Krankheitsdämonen.


                  Inzwischen  war jedoch eine neue naturphilosophische  Bewegung  herangewachsen: der Taoismus,
                  um 500 v. Chr. von Laotse begründet. Sie betrachtete den Wandel der Natur als Ausdruck der inneren
                  Gesetzmäßigkeit der Natur, genannt  Tao   (sprich: "Dao"  -  wörtlich:  Sinn,  Weg, Bahn). Das  Tao

                  erzeugt das polare Spannungsfeld zwischen den komplementären Kräften Yin   und Yang   ("Jin"
                  und "Jang" gesprochen). Aus diesem Spannungsfeld entstehen alle Dinge - auch die Lebensenergie

                  Qi    . Tao und Qi sind also der Ausgangspunkt aller Lebensvorgänge.

                  Haupt-Einflüsse: Die konfuzianische Lehre


                  Wie kein zweiter hat Kong Zi (bei uns besser bekannt als "Konfuzius", 551 - 479 v. Chr.) die chinesi-
                  sche Geistesgeschichte geprägt: Die Menschen lösten sich von Schamanenkult und Dämonenglau-
                  ben und begannen, die Welt rationaler zu sehen. Die Periode vom 5. bis 2. Jahrhundert v. Chr. ist
                  heute als "Goldenes Zeitalter" bekannt. Zu jener Zeit wurde auch die Akupunktur allmählich Bestand-
                  teil der  wissenschaftlich  begründeten  Medizin Das konfuzianische  Weltbild unterscheidet sich vom
                  vorkonfuzianischen in vielen Punkten. Der wohl wichtigste: Der Mensch ist zwar eingebunden in ein

                  Netzwerk von Naturkräften, doch kann er durch sein Handeln einen gewissen Einfluss auf sich und
                  seine Umgebung ausüben - und Kongzi weist den Weg zu gutem Handeln. Einige Philosophen sehen
                  in der konfuzianischen Lehre die Wiege der Emanzipation der Menschheit, da der Mensch erstmals
                  als eigenverantwortlich gilt. Das wichtigste Ziel menschlichen Handelns ist nach Konfuzius der Ein-
                  klang mit der Natur und ihren Kräften und der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang spielt das Kon-
                  zept der Lebensenergie Qi eine zentrale Rolle: Anstelle von magischen Kräften und Dämonen werden
                  nun  physiologische Funktionen und Fehlfunktionen  mit Hilfe von  Qi  erklärt. Einige konfuzianische

                  Schulen greifen zudem auf die (wesentlich ältere) Lehre von den Fünf Wandlungsphasen; andere mit
                  der Yin-Yang-Lehre, wieder andere mit beiden.
                  Alle Schulen aber betonen, dass es auf die harmonische Balance der Kräfte ankommt: Sie bedeutet
                  politischen und sozialen Frieden, materielles  Wohlergehen, familiäres Glück  -  und schließlich  auch
                  seelische und körperliche Gesundheit. Der Fluss der Lebensenergie im Körper aber lässt sich unter

                  anderem durch Akupunktur beeinflussen.

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