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Alisa Tennenbaum erinnert sich an die Gräuelnacht

an allen Orten ähnlichen Vorgehensweisen wurde ein besonderes Lösegeld von einer
hinwiesen. Die Verhaftung von Juden war Milliarde Mark verlangt. Grausamkeit
vorbereitet worden, die Aufrührer waren mischte sich mit grenzenlosem Zynismus.
mit Steinen, Eisenstangen und Stöcken Nach dem Pogrom legte das deutsche
ausgestattetworden,dieMärschezujüdischen Justizministerium fest, dass die Übeltäter
Geschäften und Gemeindeeinrichtungen nicht vor ein Gericht gestellt werden
waren abgesprochen, ebenso wie das müssten, ausgenommen Fälle, in denen es zu
Nichteingreifen der Polizei, die dem Diebstählen gekommen war. Die deutschen
Plündern, Morden und systematischen Medien, die Kirchen, Intellektuelle, Denker
Brandschatzen der Synagogen untätig zusah. und andere enthielten sich jeder Kritik am
Historikern zufolge war die „Kristallnacht“ üblen Rassismus der Regierung. So konnte
für den 9. November geplant gewesen, die Arisierung sich ungestört ausbreiten,
dem 15. Jahrestag von Adolf Hitlers und der deutsche antisemitische Rassismus
gescheitertem Münchner Umsturzversuch, bereitete den Weg für das größte Verbrechen
dem sogenannten Bierkellerputsch.                  der Menschheitsgeschichte, die Schoa, in
Die staatlichen Institutionen schoben der 6 Millionen Juden ermordet wurden.
den Juden die Schuld am Pogrom zu und Sechs Jahre vor dem Novemberpogrom war
zwangen sie, die Schäden aus eigener Tasche in Tel Aviv die Vereinigung der Einwanderer
zu bezahlen. Die Entschädigungssummen aus Mitteleuropa gegründet worden, die sich
von den Versicherungen mussten an die damals ‚Vereinigung deutscher Einwanderer‘
Behörden überwiesen werden, obendrein nannte. Das Sprachrohr der Vereinigung,

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