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INTERVIEW
Thomas Rücker © dreidesign
entwickelt seit mehr als 20 Jah-
ren Kommunikationslösungen
für Immobilienunternehmen.
Er ist Gründer und Geschäfts-
führender Gesellschafter des
Beratungshauses Ruecker-
consult und des Wissen- und
Meinungsportals The Property
Post. Zu den Kunden zählen
Unternehmen aus dem Wohn-
und Gewerbebereich, unter anderem Architekturbüros und Pro-
jektentwickler.
www.rueckerconsult.de
QUARTIERSENTWICKLUNG STATT
FLÄCHENNUTZUNGSPLAN
Thomas Rücker im Gespräch mit Kruno Crepulja, Geschäftsführer (CEO) von formart und stellvertretender
Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Wohnen
Thomas Rücker: Herr Crepulja, formart ist bundesweit aktiv – reicht Wohnraum. Doch ein lebenswertes Quartier darf keine pragmatische
da nicht ein gutes Quartierskonzept, das in jeder Stadt eins zu eins Aneinanderreihung von Wohnblöcken sein, die nur als solche gebaut
umgesetzt werden kann? werden, weil es im Flächennutzungsplan steht. Ein Quartier ist viel mehr
Kruno Crepulja: So einfach ist das leider nicht. Jede Stadt, jeder Stadtteil, als nur Wohnen. Die Idee des neuen Baurechttyps „Urbanes Gebiet“ geht
jedes Projekt bietet andere Voraussetzungen und hat andere Ansprüche diesbezüglich bereits in die richtige Richtung. Städtebaulich betrachtet,
an ein zukunftsfähiges Quartier. Wenn es dieses neu zu entwickeln gilt, sollte sich ein neues Quartier vor allem in die städtische Gesamtidentität
dann benötigt es viel Fingerspitzengefühl für die Bedürfnisse der künftigen einbetten und Anschluss an Nachbarquartiere gewährleisten, damit keine
Bewohner. Auf die richtige individuelle Mischung kommt es an – sowohl Fronten geschaffen werden. Innerhalb des Quartiers sollten die vorhande-
in Bezug auf die Nutzungsarten, die Architektur, die Infrastruktur als auch nen Flächen effizient genutzt werden und Wohn- und Gewerbegrundrisse
auf die Menschen. Aber natürlich fangen wir nicht jedes Mal bei Null an. möglichst flexibel gestaltet werden, um verschiedene Optionen für eine
Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass es gewisse Bausteine gibt, die ein Drittverwendung zu ermöglichen. Zur Förderung der Kommunikation
Quartier wirklich lebenswert machen und das nicht nur heute, sondern innerhalb des Quartiers gilt es, ausreichend Freiflächen für Parks oder
auch noch in 50 Jahren. Aufenthaltsplätze einzuplanen und diese attraktiv zu gestalten.
Klingt nach einem Patentrezept – worauf kommt es bei Quartiersent- Und was verstehen Sie unter soziokultureller Integration?
wicklungen an? Stadtquartiere sollten sich gemäß der europäischen Tradition als Lebensorte
Unabhängig davon welchen Aspekt wir betrachten, kommt es für uns verschiedener sozialer Schichten gestalten. Eine soziale Ausgewogenheit
auf allen Ebenen auf die richtige Integration in das Gesamtkonzept an. und Durchmischung unterschiedlicher Einkommensgruppen kann bei-
Sowohl städtebaulich, soziokulturell als auch ökologisch legen wir Wert spielsweise durch die Kooperation zwischen kommunalen und priva-
darauf, dass ein Quartier im Inneren harmonisch aufgebaut ist und sich ten Wohnungsunternehmen erreicht werden. Darüber hinaus sollte ein
aber auch nach außen in Bezug auf das angrenzende Stadtgebiet integriert. lebens-wertes Quartier alle Zielgruppen – von Studenten, Paaren, Familien
bis zu Senioren – ansprechen. Denn eine wesentliche Komponente für
Was kann man sich darunter vorstellen? die Identifikation und die Zukunftsfähigkeit eines Quartiers bilden z. B.
Natürlich benötigen wir in den Metropolregionen in erster Linie mehr junge Familien. Dies bedarf neben dem Wohnraum auch Kindergärten
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