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„FERNSEHER, FERNSEHER AN DER WAND, WER IST DIE
SCHOENSTE IM GANZEN LAND?“
DRAG QUEENS UND IHRE SELBSTWAHRNEHMUNG IM FERNSEHEN BY ERIK AMANN
THEMATIK UND RELEVANZ ERKENNTNISINTERESSE UND FORSCHUNGSFRAGE
Ob „RuPaul‘s Drag Race“, „Pose“ und „Saturday Night Live“ in den USA oder „Queen of Gerade bei häufig diskriminierten Bevölkerungsgruppen wie der LGBTQ*-Community und
Drags“, „Frauentausch“ und „Shopping Queen“ in Deutschland – Drag Queens werden im TV insbesondere Drag Queens ist die mediale Darstellung aber nur geringfügig und oberflächlich
zunehmend sichtbarer und gelangen in den Mainstream (vgl. Feldman, Hakim 2020; Kilkenny gegeben, weshalb das medial transportierte Bild von den betroffenen Personen unterschiedlich
2019; Krämer 2013; Weis 2019; Edgar 2011). rezipiert werden kann (vgl. Schmitt, Ernst 2019; Trebbe 2009; Sommer 2017).
Drag Queens zählen zu den Vorreitern der LGBTQ*-Bewegung und setzen sich politisch für Das Erkenntnisinteresse dieser Forschungsarbeit liegt darin, die geteilten Wahrnehmungen,
die Gleichberechtigung ein (vgl. Neumann 2020; Kornhaber 2017; Luksevica 2019), weshalb Erfahrungen und Deutungen der Drag Queens bezüglich ihrer medialen Inszenierung im
sie für diese Community eine wichtige und repräsentative Rolle spielen. Fernsehen qualitativ-explorativ zu erforschen. Die individuellen Gefühle, Gedanken und
Auswirkungen auf das Selbstbild der Drag Queens sollen beschrieben und begründet werden.
Im Fernsehen werden Drag Queens und andere LGBTQ*-Personen sichtbarer (vgl. GLAAD Dabei bezieht sich diese Forschungsarbeit auf relevante TV-Formate des deutschen Fernsehens
Institute 2019; Neumann 2020), jedoch wird die oberflächliche Darstellung in Deutschland und den zugehörigen Online-Mediatheken. Nicht inkludiert werden Streaming-Portale wie Netflix,
weiterhin von Vereinen wie dem LSVD kritisiert (vgl. Ehrenberg 2019; Prommer, Linke 2017). da diese hauptsächlich amerikanische und andere internationale Sendungen zeigen.
Die mediale Repräsentation von Drag Queens kann zu mehr Akzeptanz der ganzen LGBTQ*-
Community führen (vgl. Neumann 2020; Kornhaber 2017). Sichtbarkeit ist daher ein relevanter Damit ergibt sich folgende übergeordnete Forschungsfrage:
Bestandteil für den Fortschritt der Gleichberechtigungsbewegung. Aber wie werden Drag Wie sehen sich Drag Queens selbst im deutschen Fernsehen repräsentiert und
Queens medial inszeniert und was halten Drag Queens selbst davon? dargestellt?
BEGRIFFSDEFINITIONEN UND THEORETISCHER RAHMEN Mediale Repräsentation: Thematisierung von Personengruppen in Medien, Unterteilung in
mediales Vorkommen, Darstellung und aktive Teilnahme (vgl. Trebbe 2009)
Mediale Darstellung: Intentionale Inszenierung von Personengruppen in Medieninhalten (vgl. Sting
Drag Queen: Performer*in, jeglicher Sexualität und Geschlechtsidentität, die eine (überspitzt 2013; Klaus, Lücke 2003; Trebbe 2009)
weibliche) Kunst-Persönlichkeit durch Kleidung und Make-Up erschafft (vgl. Fraser 2019; Taylor, Stereotyp: Wertendes Urteil, das Eigenschaften oder Verhaltensweisen mehrerer Personen
Rupp 2014) zusammenfasst und vereinfacht (vgl. Thiele 2015; Basow 1992; Sommer 2017)
LGBTQ*: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer und weitere Identitäten (vgl. Rosen 2018) Medienrezeption: Prozess der Nutzung und „Verarbeitung von Medieninhalten“ (Schindler, Bartsch
Fernsehen: Audiovisuelles Massenmedium für Information und Unterhaltung (vgl. Sjurts 2018); in 2018: 11) mit Einschluss der Gedanken, Gefühlen und Deutungen des Rezipienten (vgl. Bilandzic et
dieser Studie inkludiert dies die nicht-linearen Mediathekeninhalte der Fernsehsender al. 2016)
Mediale Repräsentation Aktive Sprecherrolle Medienrezeption
(vgl. Trebbe 2009) Aktive Funktion im Diskurs (vgl. Bilandzic et al. 2016; Schindler,
Bartsch 2018)
Darstellung
Mediale Inszenierung mit möglicher Bewertung
Vorkommen
Schlichte Thematisierung ohne
wertende Konnotationen
Themen und Leitfragen
THEMEN UND LEITFRAGEN
Mediale Repräsentation und Darstellung: Mediale Rezeption:
1. Wo und wie werden Drag Queens in relevanten Formaten des deutschen Fernsehens medial 1. Welche persönlichen Erfahrungen, Gefühle und Gedanken haben die Drag Queens bezüglich
dargestellt? der medialen Darstellung und wieso?
2. Welche Bilder und Typen von Drag Queens werden dabei konstruiert? 2. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es in den individuellen Wahrnehmungen?
Einschätzung zur medialen Repräsentation: Mögliche Chancen:
1. Wie erkennen sich Drag Queens selbst im Fernsehen wieder? 1. Wo sehen Drag Queens für das deutsche Fernsehen Potential in mehr Inklusion von Drag
2. Wie relevant schätzen die Drag Queens die mediale Darstellung ein? Queens?
3. Was ist dabei ihrer Meinung nach gelungen oder misslungen? 2. Wie können bestehende mediale Darstellungen von Drag Queens verbessert werden?
METHODISCHES VORGEHEN
Qualitative Inhaltsanalyse Gruppendiskussion Member Checking: Einzelinterviews
Heuristische Herausarbeitung medialer Darstellungen von Drag Gruppendiskussionen mit deutschen Drag Queens zur medialen Teilstrukturierte Einzelinterviews mit bereits befragten Drag
Queens im deutschen Fernsehen Darstellung und deren Rezeption Queens als Feedback
Im ersten Schritt soll ein Überblick über die relevantesten TV- Nach der Vorarbeit zur medialen Darstellung sollen Drag Nach der Datenauswertung der Gruppendiskussionen
Formate, die Drag Queens thematisieren, geschaffen werden. Queens diese zunächst einschätzen und bewerten, bevor es im werden vor der finalen Fertigstellung der Forschungsarbeit
Hierbei wird vorerst die mediale Darstellung und Inszenierung Hauptteil der Gruppendiskussionen um ihre eigene noch einzelne teilstrukturierte Leitfadeninterviews
untersucht, um typische mediale Bilder von Drag Queens zu Medienrezeption geht. Hier stehen die geteilten Erfahrungen, stattfinden. Dabei sollen die Ergebnisse mit teilnehmenden
erkennen. Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen durch die Drag Queens nochmals diskutiert werden.
Aktuelle relevante TV-Formate des deutschen Fernsehens, die genannten Leitfragen im Fokus.
zumindest in Teilen Drag Queens thematisieren, sind: Eine Reflexion mit den Feldpersonen hilft neue Perspektiven
- Queen of Drags (Pro7) Die Drag Queens werden über eigene Kontakte zur LGBTQ*- auf die Ergebnisse zu entwickeln und sichert damit die
- The Diva in Me (TVNow – RTL) Szene in Berlin und Köln rekrutiert, als auch über eine Social Qualität der Interpretation.
- Germany‘s Next Topmodel (Pro7) Media-Kooperation mit einer Kölner Drag Queen.
- Shopping Queen (Vox) Es sollen circa 10 Einzelinterviews geführt werden, die unter
- Ich bin ein Star, holt mich hier raus! (RTL) Die insgesamt vier angesetzten Gruppendiskussionen mit 5-7 Umständen auch über Skype stattfinden können. Im Vorfeld
- Red. (Pro7) Teilnehmer*innen sollen etwa innerhalb eines Monats in Berlin wird dazu ein Leitfaden mit den kategorisierten
- Frauentausch (RTL II) und Köln stattfinden und auf Video aufgenommen werden. Hauptergebnissen der Gruppendiskussionen entwickelt.
WEITERE SCHRITTE UND POTENTIELLE PROBLEME
Da der gesamte Forschungsprozess qualitativ ausgerichtet ist, werden zwischen den einzelnen methodischen Schritten alle Ergebnisse reflektiert, bevor eine abschließende Interpretation und ein
Gesamtfazit gezogen wird (vgl. Kühn, Koschel 2017.
Mögliche Schwächen der Forschungsarbeit können sein, …
- … dass ich als Forscher zu nah am Feld bin. Gerade deshalb soll eine Befremdung zum Thema geschaffen werden, damit implizites Wissen, intuitive Annahmen und Interpretationen ausgeschlossen
werden können. Bei Möglichkeit sollte deshalb ein*e Moderator*in für die Gruppendiskussion eingesetzt werden und intensiv über die eigenen Erfahrungen reflektiert werden.
- … dass es nur ein qualitatives Verständnis der Thematik ergibt und die Ergebnisse nicht für alle Drag Queens generalisiert werden können. Jedoch können Erkenntnisse als mögliche
Beurteilungskriterien für quantitative Anschlussforschung dienen.
- … dass Streaming-Anbieter wie Netflix oder Social Media-Kanäle wie YouTube die heutige Medienlandschaft natürlich prägen und dort andere mediale Darstellungen von Drag Queens schon durch
die vielen amerikanischen TV-Formate gegeben sind
- … dass der zeitliche und organisatorische Aufwand nicht unerheblich ist.
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